«Nächtliches Grübeln ist in gewissem Masse normal»

 

In unserem viel gelesenen Beitrag über Schlafmythen hattet Ihr die Gelegenheit, individuelle Fragen an Dr. Sebastian Zaremba zu richten. Einige von euch haben dies getan. Der Schlafexperte beantwortet die Fragen an der Stelle bestmöglich – wobei Pauschalantworten aus der Ferne bei sehr spezifische Problemstellungen natürlich schwierig sind. Im einen oder anderen Fall müsste wohl eine persönliche Behandlung erfolgen, um dem Leiden wirklich auf die Schliche zu kommen. Zögert daher nicht, einen Termin in der Schlafklinik zu vereinbaren, solltet ihr euer Schlafproblem trotz aller Tipps & Inputs langfristig nicht in den Griff bekommen – die Kontaktdaten sind unten angefügt.  


 

Frage 1
 

Guten Tag

Mit Spannung habe ich das Interview mit Ihnen gelesen. Seit Monaten, wenn nicht schon seit Jahren kämpfe ich um einen langen und erholsamen Schlaf. Früher war es der unregelmässige Dienst, der mir nächtelang den Schlaf raubte. Als ich ins Büro wechselte, ging es ein paar Monate, bzw. wenige Jahre lang gut, d.h. ich konnte endlich durchschlafen. Doch seit einigen Jahren kann ich in der Regel gut einschlafen, aber ich erwache regelmässig zwischen zwei und drei Uhr in der Nacht und kann dann ein bis zwei Stunden nicht mehr einschlafen. Beim Arzt war ich deswegen schon öfters. Er meint, dass alles in Ordnung sei. Mein Problem ist, dass ich über alle möglichen Dinge viel nachdenke und nicht abschalten kann. Da helfen homöopathische Medikamente wie auch gute Ratschläge nichts. Vielleicht hat Dr. Zaremba einen Input oder einen klugen Gedanken dazu, den ich weiterverfolgen könnte?

Danke für eine Rückmeldung.

J.F.

 

Guten Tag Herr/Frau F.

Es tut mir leid zu lesen, dass Sie wegen Ihrer Durchschlafstörungen schon einen so langen Leidensweg hinter sich haben. Leider ist das keine Seltenheit. Grundsätzlich können die Ursachen für Durchschlafstörung vielfältig sein und sollten am besten einmal durch Spezialisten abgeklärt werden. In unserer Klinik sind wir auf die Diagnostik und Behandlung aller, mehr als 80 Ursachen für Schlafstörungen spezialisiert. In den seltensten Fällen braucht es längerfristig Medikamente. Bis zur weiteren Abklärung sollten Sie Versuchen das Bett immer dann zu verlassen, wenn Sie länger als 15 Minuten nicht wieder einschlafen können. Grübeln können Sie viel besser im Wohnzimmer. Darüber hinaus sollten Sie bei längerem Wachliegen nicht am Morgen oder am Tage nachschlafen. Weiter Tipps und Trick können Ihnen dann gerne unserer Schlaftherapeuten geben.

Herzliche Grüsse, Sebastian Zaremba

 

 

Frage 2
 

Hallo Herr Zaremba

Mich würde der Einfluss der Wechseljahre (hormonelle Veränderungen) auf den Schlaf sehr interessieren – und wie damit umzugehen ist. Sind diese Schlafstörungen nur vorübergehend (allenfalls ein paar Jahre) oder können sie auch anhalten bis ins hohe Alter? Wann empfiehlt es sich in diesem Fall, Hilfe zu holen – und wie würde solche Hilfe aussehen?

Lieben Dank und beste Grüsse,

P.H.

 

Liebe Frau H.

Die Wechseljahre machen Frauen anfälliger für Schlafstörungen, sind allerdings selten der einzige Grund dafür. So wissen wir heute, dass ein wichtiger, den Schlaf regulierender Botenstoff im Gehirn – das Orexin – im Rahmen der hormonellen Umstellungen in seiner Ausschüttung beeinflusst wird. Dies macht die Schlaf-Wach-Regulation anfälliger für externe Störungen, wie zum Beispiel Stress. Ferner treten auch andere Ursachen für Schlafstörungen, wie etwa Atempausen, bei Frauen nach den Wechseljahren deutlich häufiger auf. Wenn Schlafstörungen regelmässig auftreten und länger als 3 Monate bestehen bleiben, sollte eine schlafmedizinische Abklärung erfolgen.

Beste Grüsse, Sebastian Zaremba

 

 

Frage 3
 

Hallo Herr Zaremba

Das Einschlafen geht in der Regel sehr gut bei mir, auch habe ich einen guten Rhythmus. Seit einigen Wochen (Jobwechsel in eine Leitungsfunktion) jedoch, wache ich teilweise nachts auf und kann dann nicht mehr einschlafen, teils bis zu 2 Uhr morgens. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich deshalb um 4.30 Uhr (Wecker wäre 6 Uhr) aufgegeben habe und aufgestanden bin... Das Gedankenkreisen zu geschäftlichen To-Do’s hält mich wach, und wiederholt sich. Aufschreiben habe ich versucht – nützt aber leider nichts. Gibt es andere (womöglich einfache, bewährte) Möglichkeiten dieses Gedankenreisen zu stoppen?

 

Hallo

Nächtliches Grübeln tritt häufig auf und ist in gewissem Masse normal. Wenn uns am Tage zum Beispiel etwas Aussergewöhnliches widerfahren ist oder wir besonderem Stress ausgesetzt waren, grübeln viele Menschen in der Nacht darüber nach, auch vor wichtigen Ereignissen (Prüfungen, etc.) kennen viele von uns solche Situationen. Wenn das Grübeln aber an mehreren Nächten in der Woche auftritt kann sich hieraus eine relevante Schlafstörung entwickeln. In solchen Situationen können Sie unsere Schlaftherapeuten mit einer ganzen Reihe von Techniken unterstützen.

Eine Methode ist die sogenannte "Gedankenstopp-Technik".  Diese Methode kommt aus der kognitiven Verhaltenstherapie. Sie funktioniert in etwa so: Immer wenn Sie sich in der Nacht beim Grübeln über To-Do’s oder andere Themen ertappen, stoppen Sie die Gedanken, indem Sie sich in Gedanken ein rotes Stoppschild ausmalen und laut oder in Gedanken 'STOPP' sagen. Hierdurch unterbrechen wir unsere Gedanken erst mal. Natürlich würden sie sofort wiederkommen, wenn wir jetzt nichts unternehmen. Deshalb ist es wichtig, dass wir nach dem STOPP uns bewusst und ruckartig etwas Anderem zuwenden. Häufig hilft diese Technik das Gedankenkreisen zu unterbrechen, wenn man sie konsequent verfolgt. Sollte das erneute Einschlafen dann immer noch nicht gelingen braucht es eventuell noch unterstützende Massnahmen, welche die Schlafspezialisten in unserer Klinik Ihnen gerne vermitteln können.

Viel Erfolg, Sebastian Zaremba

 

 

Frage 4
 

Guten Tag, Herr Zaremba

Ich habe gehört, dass man als letzte Mahlzeit – also abends beim Nachtessen – keinen Salat essen sollte, da dieser die Verdauung verhältnismässig lang und intensiv beschäftigt und es dem Körper dadurch erschweren kann, zur Ruhe zu kommen. Seit ich das gehört habe, achte ich mich darauf. Mich würde aber Wunder nehmen: Stimmt das denn aus ihrer (medizinischen) Sicht? Und falls ja: Gibt es noch andere gängige – und in der Gesellschaft weit verbreitete, eher «unverdächtige» – Speisen, die vor dem Schlafengehen eher nicht zu empfehlen sind?
 

Vielen Dank!

N.K.

 

Guten Tag, Herr/Frau K.

Grundsätzlich können schwer zu verdauende Speisen unseren Magendarmtrakt stark beanspruchen. Insbesondere fettige und blähende Nahrungsmittel begünstigen dies. Dies kann bei anfälligen Menschen dann auch den Schlaf stören, viele stört dies aber auch nicht. Das ist sehr individuell. Falls das Einschlafen längerfristig gestört ist, sollte man auch andere Ursachen bedenken.

Freundliche Grüsse, Sebastian Zaremba

 

 

Frage 5
 

Grüezi Herr Zaremba

Ich habe dieses ausführliche, spannende Interview mit grossem Interesse gelesen – und gemäss der Aussage von Ihnen hat sich meine «Befürchtung» etwas bestätigt, dass ich tendenziell wohl eher zu wenig – also zu wenig lang – schlafe im Alltag. Mit dem Einschlafen habe ich zwar keine Probleme – auch träume ich oft und facettenreich und schlafe in der Regel gut durch, bis der Wecker klingelt. Insofern also alles in Ordnung. Was ich aber immer wieder feststelle ist, dass ich am nächsten Tag übermässig müde, fast etwas «erschlagen» bin (vor allem am Morgen, bis in den Mittag hinein > Gähnen lässt grüssen), wenn ich länger versuche zu schlafen, meinen Körper also (anstatt nur 5 bis 6 Stunden) zwei, drei Stunden mehr gebe. Das bringt mich zur Frage: Kann es sein, dass es in meinem Fall einfach trotzdem besser ist, weniger zu schlafen? Dass ich einfach «weniger brauche» als andere? Ich bin da etwas im Dilemma, denn ich möchte meiner Gesundheit ja nicht schaden, indem ich meinem Körper zu wenig Schlaf gönne über viele Jahre…


Herzliche Grüsse & vielen Dank für eine Einschätzung,

R.S.

 

Grüezi, Frau S.

Hier ist eine Einschätzung aus der Ferne leider schwierig. Der individuelle Schlafbedarf ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, und immer wieder gibt es auch «Kurzschläfer» welche allerdings nur einen kleinen Anteil der Bevölkerung ausmachen. Die meisten Erwachsenen brauchen 7 bis 9 Stunden Schlaf. Zur Bestimmung des Schlafbedarfs führen wir in unserer Klinik kontinuierliche Aktivitätsmessungen über rund 2 Wochen im Alltag durch. So kann man die tatsächliche Schlafdauer und den wahrscheinlichen Schlafbedarf genauer bestimmen. Bei Menschen, welche langfristig zu wenig schlafen, sehen wir allerdings häufig, dass kurzfristige Verlängerungen der Schlafdauer erst einmal zu einer Zunahme der Tagesmüdigkeit führen können, möglicherwiese auf Grund einer stärkeren Aktivierung des Parasympathikus. Daher sollte man den Effekt einer solchen Verlängerung erst nach einer Dauer von ca. 4 bis 6 Wochen beurteilen. Wir begleiten unsere Klienten in dieser Zeit sehr engmaschig um sie bei Bedarf bei der stuktuerten Liegezeitverlängerung zu unterstützen. Wenn Sie mögen können Sie sich gerne einmal bei uns beraten lassen.      

Viele Grüsse, Sebastian Zaremba
 

Lange bestehendes, ungelöstes Schlafproblem?
 

Kontakt:


KSM Klinik für Schlafmedizin
Lützelmattstrasse 3
6006 Luzern

041 202 06 60
Website
 

Dr. med. Jens Sebastian Zaremba studierte Medizin an der Universität Duisburg-Essen in Deutschland. Bereits während seines Studiums beschäftigte er sich wissenschaftlich mit schlafmedizinischen Themen, insbesondere Schlafapnoe und schlafbezogenen Kopfschmerzen. Seine Ausbildung zum Facharzt für Neurologie absolvierte er am Universitätsklinikum Bonn der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Er war dort während neun Jahren in verschiedenen Funktionen tätig, zuletzt als stellvertretender Leiter des Schlaflabors. Vor seinem Wechsel zu ZURZACH Care war Zaremba Leiter der ambulanten Schlafmedizin am Seeklinikum Brunnen. Auslandsaufenthalte führten ihn unter anderem an das Johns Hopkins Hospital in Baltimore (USA) sowie zu einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt an die Harvard Medical School in Boston, wo er zu verschiedenen schlafmedizinischen Themen forschte. Dr. Zaremba publiziert fortlaufend in internationalen Fachzeitschriften zu schlafmedizinischen Themen und ist Autor mehrerer Lehrbuchartikel zum Thema Schlafmedizin.

Seit 2021 ist Dr. Zaremba als Chefarzt in der Klinik für Schlafmedizin in Luzern tätig. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung der Kliniken für Schlafmedizin, assoziiert mit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn), und ist Mitglied der unternehmensinternen Forschungsgruppe von ZURZACH Care.